Written on: 23. 08. 2014 13:51
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Chanchey
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Erzählt von Chin-Bin Lao zu den Tagen des Lichts 2572
Nun, ihr neugierigen Homins, werde ich euch eine Sage erzählen.
Ob sie wahr ist, kann ich nicht sagen, aber erzählt wurde sie mir von einer Feuermagierin.
Und diese sind nicht dafür bekannt, Unwahrheiten zu erzählen.
Wie ihr sicher alle wisst, wurde der grosse Schwarm durch einen Unfall der Fyros-Minenarbeiter ausgelöst.
Tausende Kitins krochen durch die Löcher der Rinde und überrannten die Alten Landen.
Jede Gegenwehr war zwecklos, wer konnte, floh in die entlegensten Gebiete der Urwurzeln, um sich vor den Bestien zu verstecken.
Aus dem Königreich des Waldes gelang es auch einer Gruppe Matis, die Urwurzeln zu erreichen und sich in einem abgelegenen Gang zu verstecken.
Sie ernährten sich hauptsächlich von Arma-Fleisch und Izam-Eiern.
Zu ihrer Gruppe gehörte auch Harol-Ribi Nidi, ein anmutiger Matis-Jüngling mit weisser reiner Haut. Harol-Ribi hatte seine gesamte Familie im Grossen Schwarm verloren. Eltern, einen grossen Bruder sowie seine beiden kleinen Schwestern.
Doch nicht nur, dass dieser grauenhafte Schicksalsschlag seine Seele quälte. Nein, Harol-Ribi war seit seiner Geburt stumm! Was ihn in der ums Überleben kämpfenden Homingruppe zum absoluten Außenseiter machte.
Harol-Ribi wurde stets in die am weitesten entfernten Höhlen der Urwurzeln geschickt um Izam-Eier zu suchen oder Armas zu jagen.
Was jedoch niemand wusste ist, dass er, da er die Sprache der Homins nie lernen konnte, sich die Sprache der Tiere angeeignet hatte.
Unserer Flüchtlingsgruppe ging es zunehmend schlechter. Zwar waren sie keinen Kitins mehr begegnet, doch die Nahrung wurde immer knapper und alle litten schrecklichen Hunger.
Sie fanden kaum noch einen Arma und wie Izam-Eier schmeckten, wussten sie fast nicht mehr, da sie bestenfalls noch leere oder zerstörte Izam-Nester fanden.
Auch machte ihnen die mittlerweile jahrelange Dunkelheit zu schaffen. Aber einen Ausweg aus der Düsternis der Urwurzeln hatten sie bisher nicht entdecken können.
Mit groben Worten schickten sie Harol-Ribi zur Eiersuche und Armajagd in eine entlegene Gegend, in der Hoffnung, er würde etwas Nahrung finden. Und wenn dieser stumme Matis unterwegs von Kitins zermalmt würde, wäre es um ihn ja nicht schade.
Harol-Ribi war drei Tage unterwegs und konnte vor Hunger und Schwäche kaum noch gehen, als er eine Arma-Herde erblickte. Rasch zog er seine Dolche und wollte sich auf den dicksten Arma der Herde stürzen.
In diesem Augenblick erhielt er eine solch heftige Maulschelle, dass er fünf Meter weit flog und sich nach dreimaligen Überschlag auf seinem Hintern wieder fand. Verdutzt schaute er auf ein Gubani Mädchen, welches ihn zornig anfunkelte.
"Wie kannst du Dummkopf es wagen, die wenigen Armas die es noch gibt, zu meucheln?" zischte sie ihn an.
"Aber...aber", stotterte er "ich hab doch nur Hunger!"
Das Gubanimädchen winkte ihm mit dem Kopf zu folgen und hinter dem nächsten Hügel lagen einige Izam-Eier. Nachdem das Gubanimädchen Harol-Ribi aufmunternd zugenickt hatte, schlürfte er heisshungrig ganze drei Eier aus.
Nachdem Harol-Ribi einigermassen gesättigt war, schaute er das Gubanimädchen neugierig an. Als er in ihre tiefbraunen Augen sah, entdeckte er ein Funkeln, was ihn an Licht erinnerte und er seufzte tief an die Erinnerung der Majestätischen Wälder im Sonnenschein.
Das Gubanimädchen musterte ihn eindringlich und bei seinem schwermütigen Blick wurde ihr ganz warm ums Herz.
Als sich der Matis und das Gubanimädchen so tief in die Augen sahen, fing sie unwillkürlich, ja fast gegen ihren Willen an zu ihm zu flüstern.
"Die Flüchtlinge haben die Izams und Armas fast ausgerottet. Dabei seid ihr so dumm!" "Armas mit ihrer feinen Spürnase finden fast jedes Izamnest", haucht sie. "Aber wir dürfen die Population der Izams nicht zerstören.", fuhr sie fort.
"Izams können nur bis zwei zählen. Sie sehen also in ihrem Nest, ob es ein, zwei oder viele Eier hat", sagte sie in nun sachlich erklärendem Ton.
"Wir Gubani mögen Izam-Eier auch, aber wir lassen immer 3 Eier im Nest zurück. So denken die Izam, es sind noch viele Eier da." "Und 3 Eier sorgen dafür, dass es genug Izam-Nachwuchs gibt", schloss sie die Erklärung.
Harol-Ribi nickte verstehend und sah dem Gubanimädchen weiter tief in die Augen bei seiner Frage:"Und welches Geheimnis umgibt dich?"
Dem Gubanimädchen zersprang fast das Herz, als sie erkannte, dass sie jemand vor sich hatte, der bis auf den Grund ihrer Seele schauen konnte.
"Ich bin Gubaya, die Prinzessin unsere Herde. Meine Eltern wurden von Flüchtlingen getötet. Obwohl unser Fleisch kaum nahrhaft ist", sagte sie mit einem Zittern in der Stimme.
"Willst du mich heiraten und zusammen mit mir deine Herde führen und gedeihen lassen?", fragte Harol-Ribi sie mit einem Flehen in den Augen.
"Das ist unmöglich! Wie soll das gehen?", rief Gubaya erregt. "Nichts lieber als das, aber...", fügte sie seufzend hinzu.
"Ich habe eine Idee...", flüsterte Harol-Ribi ihr mit einem Augenzwinkern zu.
Gubaya wusste selbst nicht, wieso sie so grenzenloses Vertrauen zu Harol-Ribi empfand. Doch sie folgte ihm, als er den Armas nachschlich, welche Izam-Nester entdeckten.
Sie half ihm, Eier zu sammeln, wobei er sorgfältig darauf achtete, dass immer 3 Eier im Nest blieben.
Sie bewunderte ihn, als er sich mit nur zwei Dolchen bewaffnet auf einen jungen Vorax stürzte, der der Meinung war, ein Gubanimädchen wäre ein gutes Appetithäppchen.
Sie zeigte ihm, wo es Aufgänge aus den Urwurzeln an das Licht der Oberfläche von Atys gab.
Sie wusste, dass es richtig war, als er ihr seinen Plan erklärte.
"Liebste Gubaya, ich werde nun meinen Plan in die Tat umsetzen.", sagte Harol-Libi feierlich zu ihr.
"Die Flüchtlinge dürsten nach dem Licht, nach neuem Leben. Hier in den Wurzeln vernichten sie das Leben, einfach weil sie nicht verhungern wollen. Ich werde den Flüchtlingen den Weg zum Licht zeigen und dann zu dir zurück kehren", sagte Harol-Ribi feierlich.
"Aber wie willst du das tun? Und auch du bist ein Homin und suchst das Licht!", stammelte sie verzweifelt und mit Schmerz im Herzen.
"Vertrau mir, Liebste, und warte hier auf mich", flüsterte Harol-Ribi.
Während Harol-Ribi diese Worte sprach, zog er einen Beutel mit Kräutern aus der Tasche.
Seine Grossmutter gab ihm diesen, ohne das er wusste, wofür die Kräuter gut sein sollten.
"Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, wirst du es wissen, kleiner Harol-Ribi", sagte seine Grossmutter auf dem Sterbebett, als er noch ein kleiner Junge war. Nun, dies war der Zeitpunkt!
Harol-Ribi streute die Kräuter über seinen Kopf und den von Gubaya und dann küsste er das Gubanimädchen. Augenblicklich verwandelte sich Harol-Ribi in einen weissen Gubaniprinzen.
Er zwinkerte der völlig verdutzten Gubaya zu, klemmte sich einige Izam-Eier unter den Bauch und galoppierte zurück zum Lager seiner Flüchtlingsgruppe. Kurz vor dem Lager der Flüchtlinge machte er halt und wartete die Nacht ab.
Als selbst die spärlich aufgestellten Wachen vor Hunger eingeschlafen waren, stahl er sich ins Lager. Er warf sich sämtliche Waffen der Flüchtlinge auf den Rücken, liess ihnen aber etliche Izam-Eier da, damit sie sich stärken konnten.
Als die Homins am Morgen erwachten, war das Geschrei und Erstaunen gleichermassen gross. Die Wut über die fehlenden Waffen legte sich, als die Gruppe Homins sich endlich an gebratenen Izam-Eiern sattessen konnten.
Dabei fiel ihnen ein ums Lager tänzelnder weisser Gubani auf. Sie beschlossen, ihn zu jagen.
Ohne Waffen blieb es aber nur eine Verfolgungsjagd. Bis sie plötzlich vor einem Wirbel standen, zu dem sie der weisse Gubani geführt hatte. Sie traten durch den Wirbel - und sahen Licht! Der Gubani hatte sie gefahrlos an die Oberfläche geführt!
Harol-Ribi führt mit Gubaya zusammen erfolgreich eine Gubaniherde in den Urwurzeln.
Manchmal macht er sich auf die Suche nach Flüchtlingen, um sie zu einem Wirbel zu führen, der ans Licht der Oberfläche führt.
Harol-Ribi Nidi, den Matisjüngling gibt es nicht mehr. Aber dem Gubaniprinzen, welcher Homins ans Licht führt und glücklich mit Gubaya ist, kann man manchmal begegnen.
Sein Name ist nicht mehr HArol-RIbi NIdi, sondern schlicht: Harini.
Diese Episode soll sich im Atysjahr 2484 zugetragen haben, dem Jahr, als der Aufstieg der Homins aus den Urwurzeln begann. Daher feiern wir zu dieser Zeit jeweils die Tage des Lichts.
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